Durchgesägt
Bei einer interessanten technischen Frage, wurde durch einen Produzent/Importeur für (unter anderem) Sägemaschinen unser Rechtsbeistand gewünscht.
Bußgeld
Ein Kontrolleur der niederländischen Nahrungs- und Warenautorität (NVWA) hat dem Produzenten eine Strafe aufgelegt, da seine Sägen angeblich nicht den dafür festgelegten Sicherheitsvorschriften entsprechen sollten.
Schutzabdeckung der Säge
Was war hier das Problem? Die betreffende Säge war eine vielverkaufte sogenannte Kappsäge, die vor allem im Bau eingesetzt wird um Holzlatten mit einem bestimmten Winkel abzusägen. Diese Kappsägen unterliegen einer bestimmten europäischen Norm (EN) für Sicherheit. Aus dieser ist die niederländische Sicherheitsnorm abgeleitet (NEN). Nach dieser Norm muss die Schutzabdeckung das gesamte Sägeblatt umschließen und blockieren, sobald die Säge ausgeschaltet ist. Der Produzent hat diese Säge selbst testen lassen und gemäß dieser Norm bei einem schwedischen Testinstitut bescheinigen lassen. Dieses Institut hat die Säge mit einem CE-Siegel ausgestattet. Die Säge hat somit der europäischen Sicherheitsnorm entsprochen.
Beschwerde gegen Bußgeld abgewiesen
Der Inspekteur hat nach der Untersuchung festgestellt, dass die Schutzabdeckung erst nach 2cm des freien Spiels blockierte. Daher soll es möglich sein, dass durch mutwilliges Ziehen an der Schutzabdeckung ein Fingerkontakt mit dem Sägeblatt möglich wird. Es war jedoch Auffällig, dass in dem Moment der Abschaltung der Säge, sich die Abdeckung automatisch und komplett schloss. Daher war es als Benutzer praktisch unmöglich seine Finger zu verwunden. Letztendlich musste der Benutzer hierfür die Abdeckung mutwillig und mit viel Kraft gegen den normalen Schließungsprozess wegdrücken.
Es war dem Inspekteur bekannt, dass alle Sägen der großen Marken mit exakt dem selben Mechanismus, daher der Abdeckung mit etwas freiem Spiel, ausgestattet waren. Es waren keine Fälle von Benutzern bekannt, die jemals einen verletzenden Finger durch den vom Inspekteur kritisierten Mechanismus der Säge erlitten haben. Es wurde trotzdem ein Bußgeld ausgestellt. Da der Hersteller viel Wert auf Sicherheit gelegt hat, wurde schnell eine Lösung entwickelt um das Problem zu lösen. Das Bußgeld war jedoch schon leider ausgestellt. Die Beschwerdeschrift mit der Argumentation, dass die Säge in Schweden geprüft und mit einem CE-Siegel ausgestattet war (und deshalb der Norm entsprach) wurde nicht akzeptiert. Der Hersteller wollte gegen diese Abweisung der Beschwerdeschrift in Berufung beim Gericht gehen.
Das Gericht gab dem Hersteller Recht
In Berufung wurde dem Hersteller durch das Gericht in Rotterdam Recht gegeben. Während der Sitzung im Gericht wurde auf meine Bitte hin die Kappsäge mitgenommen, sodass die Richter durch eine Vorführung selbst feststellen konnten, dass die Säge völlig in Ordnung war und die Feststellung des Inspekteurs weit her gegriffen war. Der Standpunkt der NVWA wurde während der Rechtssitzung, auch durch eine Anzahl schwieriger Fragen durch die Richter regelrecht „durchgesägt“. Das Gericht hat festgestellt, dass die Beschwerdeschrift des Herstellers zu Unrecht abgewiesen wurde und erklärte den Bußgeldbeschluss der NVWA für nichtig.