Aussetzungsrechte

Jeder kennt das – man selbst erfüllt stets pünktlich seine Verpflichtungen, aber der Vertragspartner hält sich nicht an die getroffenen Vereinbarungen. Auch mit vielen Mühen und Erinnerungen ist er nicht dazu zu bewegen, seinen Rückstand einzuholen. Auch und vor allem in diesen (glücklicherweise wieder aufwärtsstrebenden) wirtschaftlichen Umständen ist es häufig mehr die Ausnahme als die Regel dass Rechnungen innerhalb der vorgegebenen Zahlungsfrist vereinbart werden. Selbst Zahlungsfristen die durch die Schuldner selbst zugesagt werden, manchmal sogar 60 oder 90 Tage, werden nicht eingehalten.
Mit welchen juristischen Mitteln kann der Gläubiger reagieren?
Die vereinbarten Tätigkeiten aussetzen
Das Gesetz erlaubt es Ihnen, Ihre Tätigkeiten auszusetzen, wenn Ihr Vertragspartner Ihre fälligen Forderungen (sprich: Ihre Rechnungen, deren Zahlungsfrist verstrichen ist) unbezahlt lässt und ein ausreichender Zusammenhang zwischen den Rechnungen und Ihren auszusetzenden Tätigkeiten besteht. Damit beugen Sie der Situation vor, dass der Rückstand noch grösser wird. Selbstverständlich dürfen Sie von Ihrem Vertragspartner verlangen, dass auch er seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag (die Bezahlung der Rechnungen) unvermindert erfüllt.
Das Zurückbehaltungsrecht
Befinden sich in Ihrem Besitz noch Eigentümer des Vertragspartners – zum Beispiel die Buchhaltung, Akten, Einrichtungsgegenstände, Handelsvorrat etc. – dann haben Sie bezüglich dieser Dinge ein Zurückbehaltungsrecht, Sie brauchen diese Sachen also nicht herauszugeben.
Das Zurückbehaltungsrecht geht so weit, dass Sie Ihre Forderung mit Vorrangmit dieser Sache erfüllen dürfen (allerdings erst nachdem der Richter Ihre Forderung bestätigt hat).
Aussetzung vorab
Übrigens ist es ein weitverbreitetes Missverständnis, dass Sie rechtlos sind, solange Ihre Forderung noch nicht fällig ist. Unter bestimmten Umständen können Sie Ihre Tätigkeiten schon aussetzen und/ oder sich auf Ihr Zurückbehaltungsrecht berufen, bevor die Fälligkeit eingetreten ist, manchmal sogar schon, bevor Sie die Leistung erbringen müssen.
Zuerst ist dies möglich ab dem Moment, ab dem feststeht, dass die Erfüllung der Vertragspflichten durch den Schuldner ohne Mängel nicht (mehr) möglich ist, zum Beispiel weil das zu liefernde Produkt defekt ist oder verlorengeht.
Dann ist die Aussetzung möglich, wenn Sie einer Äußerung des Schuldners entnehmen können, dass dieser seine Pflichten nicht erfüllen wird. Dabei ist es egal, ob der Schuldner angegeben hat, dass er seine Pflichten nicht (mehr) erfüllen kann oder ob er diese nicht (mehr) erfüllen will.
Zum Schluss besteht die Möglichkeit zur Aussetzung, wenn Sie gute Gründe für die Vermutung haben, dass Ihr Schuldner in der Zukunft die Verpflichtungen nicht erfüllen wird. In diesem Fall dürfen Sie nur dann aussetzen, wenn Sie Ihren Schuldner schriftlich ermahnt haben. In der Ermahnung muss der Grund genannt werden. Wenn der Schuldner sich nach dieser Ermahnung nicht bereit erklärt, seine Verpflichtungen zu erfüllen, dann dürfen Sie aussetzen. Wenn der Schuldner auf diesen Brief reagiert, dass er seine Verpflichtungen erfüllen wird, dann dürfen Sie nicht aussetzen und sich nicht auf Ihr Zurückbehaltungsrecht berufen.