Policenbedingungen

Policenbedingungen kritisch unter die Lupe genommen

Jeder Mensch erlebt früher oder später in seinem Leben einmal den Fall, dass er eine Versicherung in Anspruch nehmen muss. Im Schadensfall ist es für den Versicherten wichtig, dass die Versicherung die Leistung unmittelbar ausbezahlt.

Leider ist dies in der Praxis nicht immer der Fall. Versicherungen versuchen, die Auszahlung im Schadensfall so lange wie es nur irgendwie geht zu vermeiden. Die Versicherer prüfen die erhaltenen Forderungen darum immer sehr kritisch. Dagegen ist an sich natürlich nichts einzuwenden, weil sich mit einer (unnötigen) Auszahlung auch die Prämie erhöht. Auf der anderen Seite dürfen sich die Versicherer ihrer Deckungspflicht nicht entziehen, wenn Sie als Versicherter mit einem Schaden konfrontiert werden, den Sie gerade durch Abschluss einer solchen Versicherung decken wollten.

Weil die Versicherer in bestimmten Situationen Kostendeckung gewähren, aber bestimmte andere Fälle ausdrücklich ausschließen möchten, ist es für die Versicherungsanbieter wichtig, alle Gründe für Kostendeckung und für Ausschluss von der Kostendeckung eindeutig in der Versicherungspolice festzulegen. Auf dieser Eingrenzung basiert letztendlich auch die Höhe der Prämie. Dies ist für die Versicherer ein kompliziertes Puzzle. Sie sind bei der Formulierung der Policenbedingungen an bestimmte gesetzliche Vorgaben sowie an den Umfang der Kostendeckung gebunden. Diese gesetzlichen Vorgaben wurden zum Schutz des Verbrauchers aufgestellt.

Unklare Bedingungen

Da die Versicherungspolicen ein Spannungsfeld beschreiben – auf der einen Seite die Belange der Versicherung, auf der anderen Seite die gesetzlichen Regeln zum Verbraucherschutz – sind die meisten Versicherungspolicen äußerst komplex geschrieben und oft nur schwer durchschaubar. Für solche Situationen hat die rechtliche Praxis das Prinzip "Contra proferentum" eingeführt. Diese Regel besagt, dass bei Unklarheiten im Versicherungsvertrag – und vor allem in der Situation einer eventuellen Mehrdeutigkeit eines Paragraphen - der entsprechende Paragraph zum Nachteil derjenigen Partei ausgelegt werden muss, die den Paragraphen verfasst hat. Für Verbraucher ist dies festgelegt in einer europäischen Richtlinie und die Regelung bezüglich der Allgemeinen Bedingungen hat der niederländische Gesetzgeber in Artikel 6:238 Absatz 2 des Niederländischen 

Bürgerlichen Gesetzbuches festgelegt. Hintergrund dieser Regelung ist dass das Risiko für Unklarheiten durch denjenigen getragen wird, der den Text in der Police geschrieben hat. Wenn der Verfasser etwas anderes hätte ausdrücken wollen als das, was im Vertrag steht, dann hätte er dies anders schreiben müssen.

Über einen langen Zeitraum haben Richter diese Contra proferentum- Regel ausschließlich bei der Interpretation von Allgemeinen Geschäftsbedingungen angewendet. Da jedoch die meisten Policenvereinbarungen den Umfang der Deckung oder den Ausschluss derselben regeln, haben die Richter lange geurteilt, dass viele Policenbedingungen Einfluss auf den Kern des Vertrages haben und deswegen – als Kernbestimmung – nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert werden konnten. Oft haben die Richter die Contra proferentum- Regel dann nicht angewendet.

Am 22. April 2014 hat der Gerechtshof in 's-Hertogenbosch ein Urteil bekanntgegeben und darin beschlossen, dass die Contra proferentum- Regel auch auf Kernbestimmungen angewendet werden kann (und in bestimmten Fällen angewendet werden muss). Mit diesem Urteil fallen auch alle Policenbedingungen unter den Wirkbereich der Contra proferentum- Regel.

Sind Policenbedingungen für Sie unlesbar oder ist deren Bedeutung für Sie unklar? Ist Ihnen klar, welche Schäden unter die Deckung der Versicherung fallen und welche nicht? Zweifeln Sie noch, ob Ihre Versicherung die Deckung im Schadensfall zurecht abgewiesen hat? Sie können sich mit Hilfe der Contra proferentum- Regel auf die für Sie als Verbraucher günstigste Auslegung der Policenbedingungen berufen. Das kann dazu führen, dass Ihre Versicherung die Deckung auch nach einer Abweisung doch noch gewährt. Es ist daher sehr wichtig, dass Sie jede Abweisung eines Schadens von der Versicherung mit der Begründung der Abweisung mit vielen Punkten und Kommas und Für-und-Wieder sehr kritisch prüfen. Für den durchschnittlichen Verbraucher sind diese Begründungen oft nur schwer zu durchschauen, schwer zu beurteilen, ob der Versicherer die Schadensdeckung zurecht abgewiesen hat, ob der Schaden wirklich nicht unter die Vereinbarungen der Police fällt und noch schwerer ist die Abweisung zu zu wiederlegen.

Daher ist es wichtig, dass Sie im Schadensfall die Policenbedingungen in Ihrem Besitz haben, dass Sie diese Bedingungen kritisch durchlesen und dass Sie kontrollieren, ob der Standpunkt, den die Versicherung eingenommen hat, mit den Paragraphen in der Police übereinstimmt.

Bei Fragen beraten wir Sie gerne. Bitte rufen Sie uns an wenn Sie Probleme mit Versicherungen haben. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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