Handelsvertretervertrag im Vergleich

Der deutsche und der niederländische Handelsvertretervertrag im Vergleich

Trotz der geltenden europäischen Richtlinie gibt es etliche Unterschiede zwischen dem deutschen und dem niederländischen Handelsvertreterrecht. Gerade bei grenzüberschreitenden Vertretungen ist Vorsicht geboten. Wir beraten Sie, welche Option in Ihrer Situation die beste Wahl ist und übernehmen die Erstellung des (zweisprachigen) Handelsvertrages.

Das deutsche und das niederländische Handelsvertreterrecht basieren auf derselben EU-Richtlinie (Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter). Aus diesem Grund sind beide Regelungen einander sehr ähnlich. Trotzdem bestehen in den gesetzlichen Reglungen beider Länder und in der Rechtsprechung relevante Unterschiede, welche in der Praxis erhebliche finanzielle Folgen haben können.

Anwendbares Recht und international befugter Richter

Auf Handelsverträge ist das Recht desjenigen Landes anwendbar, in dem der Handelsvertreter seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. In beiden Ländern ist es jedoch möglich, dass anwendbare Recht selbst zu wählen und vertraglich festzulegen. Dasselbe gilt für das Land des zuständigen Gerichtes. Eine solche deutliche (vertragliche) Regelung der Rechtswahl und des Gerichtsstandes vorab ist dringend zu empfehlen um Missverständnisse und Undeutlichkeiten diesbezüglich zu verhindern.

Kommission

Ein Handelsvertreter erhält dafür, dass er für den Unternehmer Verträge vermittelt und diese gegebenenfalls auch abschließt, eine Kommission. Nach niederländischem Recht kann ein Handelsvertreter seine zu empfangene Provision einfordern, sobald die Vertragsschließung mit dem Kunden erreicht wurde. Nach deutschen Recht ist dies nicht möglich. Nach deutschem Recht ist Provision erst dann fällig, wenn der Vertrag mit dem Kunden ausgeführt ist, d.h. z.B bei einem Lieferantenvertrag erst wenn Lieferung und Bezahlung der Ware und tatsächlich stattgefunden hat. Eine vertragliche Abweichung von dieser Regelung ist jedoch möglich. Wenn Parteien vereinbaren, dass der Handelsvertreter seinen Anspruch auf Provision erst geltend machen kann, nachdem der Kunde gezahlt hat, hat dieser Vertreter Anspruch auf einen adäquaten Vorschuss. Dieser Vorschuss wird am letzten Tag desjenigen Monats fällig, der folgt auf den Monat in dem der Unternehmer den Vertrag mit dem Kunden ausführt.

Kündigung

In den Niederlanden gilt, dass ein Handelsvertrag in bestimmten Fällen auch unter die Anwendung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen fällt. So setzt die Kündigung durch den Unternehmer die Zustimmung der niederländischen Arbeitsagentur UWV Werkbedrijf voraus. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Handelsagent mehr als zwei Auftraggeber oder mehr als zwei Beschäftigte (nicht Ehegatte/ bei ihm wohnhafte Familienangehörige oder Pflegekinder) hat oder die Tätigkeit bei diesem Unternehmer nur untergeordneten Rang hat im Hinblick auf die Gesamttätigkeit dieses Vertreters. Desweiteren hat der Handelsvertreter in den Niederlanden Anspruch auf Mindestlohn, wenn er ausschließlich für einen Auftraggeber arbeitet, nicht mehr als zwei Beschäftigte hat und die Arbeit nicht nur untergeordnete Bedeutung hat.

Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind nach deutschem Recht kürzer als nach niederländischem Recht (Artikel 7:437 BW). Ist der Handelvertrag für unbefristete Zeit abgeschlossen, ist jede der Parteien befugt, den Vertrag mit Berücksichtigung der Kündigungsfrist zu beenden. Nach deutschem Recht gilt im ersten Jahr eine Frist von einem Monat, im zweiten Jahr von zwei Monaten, im dritten bis einschließlich fünften Jahr von drei Monaten und ab dem sechsten Jahr von sechs Monaten, wobei grundsätzlich zum Ende eines Monats gekündigt wird. Kündigungsfristen können von den Parteien nicht verkürzt, jedoch vertraglich verlängert werden. Nach niederländischem Recht gilt, falls Parteien nichts vertraglich vereinbart haben, hingegen eine gesetzliche Kündigungsfrist von vier Monaten in den ersten drei Jahren, fünf Monaten im vierten bis sechsten Jahr und von sechs Monaten ab dem sechsten Jahr.

Laut niederländischem Recht führt eine Kündigung, auch ohne Berücksichtigung der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsbestimmungen, immer zur Beendung des Vertrages. Es entsteht dann jedoch ein Schadensanspruch. Nach deutschem Recht ist dies anders. Dort führt die vorzeitige, unregelmäßige Kündigung nur dann tatsächlich zur Beendung des Vertrages, wenn diese aus dringendem Grund gerechtfertigt ist. Kündigt eine Partei ungerechtfertigt vorzeitig den Vertrag, kann die andere Partei Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen fordern. Sie kann jedoch auch den Vertrag direkt kündigen und wie in den Niederlanden Anspruch auf Schadensersatz erheben.

Ausgleichsanspruch

Bei Beendung eines Handelsvertrages hat der Handelsvertreter in beiden Rechtssystemen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (goodwill), sofern er neue Kunden geworben hat oder bestehende Geschäftsbeziehungen erweitert hat, woraus wirtschaftlich gesehen für den Unternehmer auch noch nach Beendung des Handelsvertrages Vorteile bestehen und Bezahlung eines Ausgleichs angemessen ist.  In beiden Ländern gilt, dass der Ausgleichsanspruch maximal die Belohnung eines Jahres beträgt, wobei diese über den Durchschnitt der letzten fünf Jahre (oder bei kürzerer Dauer der gesamten Vertragslaufzeit) berechnet wird. Aus der geringen niederländischen Rechtsprechung zum Thema Ausgleichanspruch folgt, dass man hierzulande geneigt ist,  strukturell die maximale Vergütung zu zahlen. Die Deutsche Rechtsprechung hantiert ein anderes System und schätzt die Vorteile des Unternehmers durch den Einsatz des Handelsvertreters aufgrund folgender Faktoren: Provision der letzten 12 Monate, Prognosezeit über vier Jahre, Kundenverlust von 20% pro Jahr. Dieses System scheint vor allem vorteilhaft für den Handelsvertreter, der während der letzten 12 Monate schlechte Resultate erzielt hat.

Achtung: In beiden Ländern gilt, dass der Ausgleichsanspruch verfällt, wenn der Handelsvertreter dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Ende des Vertrages mitgeteilt hat, dass er eine Vergütung beansprucht.

Wettbewerbsverbot

Falls Parteien ein maximal zweijähriges Wettbewerbsverbot miteinander vereinbart haben, gilt nach deutschem Recht, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter, der nach Ende des Handelsvertrages in seiner Freiheit eingeschränkt ist für einen Konkurrenten zu arbeiten, eine adäquate Vergütung zahlen muss (Karenzentschädigung). Dies gilt auch, wenn Parteien diesbezüglich keine Regelung miteinander getroffen haben. Das niederländische Recht kennt keine solche Vergütungsregel im Falle einer Wettbewerbsklausel. Der Handelsvertreter kann hierzulande deshalb keine Karenzentschädigung erwarten.

Verjährung

Die gesetzliche Verjährungsfrist ist mit fünf Jahren in den Niederlanden länger als in Deutschland, wo eine Forderung bereits nach drei Jahren verjährt. Nur im Falle eines Anspruches wegen ungültiger Kündigung gilt eine verkürzte Frist von einem Jahr. Anders als in Deutschland kann die Verjährung in den Niederlanden rechtsgültig durch eine Zahlungsaufforderung ausgesetzt oder unterbrochen werden.

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