Außergerichtliche Inkassokosten
Gegenwärtiges System
Zurzeit kann das Gericht aufgrund von Artikel 6:96, Absatz 2 zu Buchstabe b außergerichtliche Inkassokosten zuerkennen. Absichtlich schreibe ich hier “kann”. In der Praxis gehen Gerichte nämlich ganz verschieden damit um. Das eine Gericht gewährt die beanspruchten Kosten, während das andere sie aus denselben Gründen zurückweist.
Wenn Gerichte außergerichtliche Kosten zuerkennen, veranschlagen sie diese zurzeit meistens anhand des Berichtes “Rapport Voorwerk II”. Dieser Bericht gilt als eine Empfehlung für Gerichte, wie mit geforderten Inkassokosten umzugehen ist. Gerichte können diesem Bericht entsprechen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Damit schweben die Rechtssuchenden weitgehend im Ungewissen.
Neues Gesetz
Am 27. März d.J. wurde ein Gesetzesvorschlag des Justiz- und Sicherheitsministeriums verabschiedet, der eine Erweiterung des Artikels 6:96 BW (niederländisches BGB) beinhaltet. Dieses Gesetz ändert unser gegenwärtiges System in Bezug auf die Ermittlung von Inkassokosten. Damit liegt eine gestaffelte Berechnung von Inkassokosten vor.
Eine der neuen Bestimmungen im Gesetz bringt mit sich, dass der Minister künftig in Form eines Beschlusses Regeln für die Erstattung außergerichtlicher Kosten erstellen kann. Diese Befugnis hat der Minister daraufhin sofort in Anspruch genommen. Dabei hat der Minister bestimmt, dass die außergerichtlichen Kosten wie folgt errechnet werden können:
- Für die ersten € 2.500,00 werden 15% berechnet, mit einer Mindestsumme von € 40,00;
- Für die nächsten € 2.500,00 werden 10% berechnet;
- Für die nächsten € 5.000,00 werden 5% berechnet;
- Für die nächsten € 190.000,00 wird 1% berechnet;
- Für den Mehrbetrag über € 210.000,00 wird 0,5% von der Kapitalsumme berechnet, mit einer Höchstsumme von € 6.775,00.
Bei der Durchführung dieser Kalkulation darf grundsätzlich nur auf die Kapitalsumme geachtet werden. Im Prinzip darf bei der Errechnung der Umfang der außergerichtlichen Inkassokosten nicht berücksichtigt werden, es sei denn, dass die Inkassokosten nach Verlauf eines Jahres noch nicht bezahlt worden sind. In einem solchen Fall dürfen diese Zinsen zur Kapitalsumme hinzugezählt werden und dürfen die Inkassokosten neuberechnet werden.
Hat ein Gläubiger mehrere Schulden an denselben Schuldner, so sind die Forderungen für die Errechnung der außergerichtlichen Inkassokosten zusammenzählen. Kann der Gläubiger die Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer absetzen, so darf er die außergerichtlichen Inkassokosten um die geschuldete Mehrwertsteuer erhöhen. Lässt sich die Mehrwertsteuer wohl verrechnen, so ist dies nicht erlaubt. Ist der Schuldner ein Verbraucher oder ein mit einem Verbraucher vergleichbares (kleines) Unternehmen, so hat die Regelung einen zwingenden Rechtscharakter. Dies bedeutet, dass nicht zum Nachteile des Verbrauchers davon abgewichen werden darf. Für Unternehmen darf wohl mittels eines Vertrags von dieser gesetzlichen Regelung abgewichen werden.
Vorherige Anmahnung und Verwarnung erforderlich
Um eine Zahlung beanspruchen zu können, ist es erforderlich, dass die Forderung fällig ist. Im Allgemeinen bedeutet dies, dass die Zahlungsfrist verstrichen sein soll. Wenn der Schuldner ein Verbraucher ist, so können die außergerichtlichen Inkassokosten nicht sofort beansprucht werden, sobald eine fällige Forderung vorliegt. Dazu soll der Gläubiger zuerst nochmals eine Anmahnung verschicken. In diesem Mahnschreiben ist zugleich anzugeben, dass Inkassogebühren in Rechnung gestellt werden, wenn nicht innerhalb von 14 Tagen eine Zahlung vorgenommen wird und wie hoch diese Inkassokosten dann ausfallen werden. Erst nach Auslaufen dieser 14tägigen Frist dürfen die Inkassokosten in Rechnung gestellt werden.
Schlussfolgerung
Mit diesem Gesetzesvorschlag und dem Beschuss des Ministers wird die Rechtsgrundlage für außergerichtliche Kosten verbessert. Hoffentlich bewegt dies die Gerichte dazu, außergerichtliche Kosten häufiger zuzuerkennen. Obwohl auch dann zweifellos nicht sämtliche Rechtskosten vergütet werden, wird der Schaden für Unternehmer dann hoffentlich häufiger und mehr in Grenzen gehalten werden, so dass sie unterm Strich einen größeren Betrag der Einzugssumme (der offenen Rechnung) selbst behalten können. Im Hinblick auf Verbraucher und damit gleichzusetzende (kleine) Unternehmer hat diese gesetzliche Regelung einen zwingenden Charakter. Davon darf nicht abgewichen werden. Soweit Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen eine solche Abweichung erlauben, wird das Gericht diese Bestimmung übergehen und sie für rechtsunwirksam halten. Weil das Gericht die Bestimmung ignorieren soll, wird es womöglich auch Teile Ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen übergehen müssen, die an und für sich nicht rechtsunwirksam sind. Um dies zu vermeiden oder dieses Risiko auf jeden Fall auszuschließen, gebe ich Ihnen zu bedenken, die allgemeinen Geschäftsbedingungen überprüfen und erforderlichenfalls anpassen zu lassen. Wenn Sie möchten, so lässt sich gleichzeitig eine (spezifische) Erklärung für Unternehmen erstellen, die Ihre Rechnungen unbezahlt lassen. Mit ihnen dürfen Sie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen wohl vereinbaren, dass von dieser gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Meiner Ansicht nach eine erwägenswerte Sache.